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Dienstag, 11. Juni 2013
Ludwina fährt Zug
ludwina, 19:47h
Das Reisen führt uns zu uns zurück
Schon diese Tatsache grenzt an ein Wunder, wo doch Ludwina's Liebe ihrem eigenen Auto gilt.
Doch dies ist die Geschichte, wie die Bahngesellschaft die grosse Ehre zuteil wurde Ludwina von der Stadt A in die 300km entfernte Stadt B zu befördern.
Fast den ganzen Mai verbrachte Ludwina in der Heimat ihres Herzens, einer kleinen Ortschaft, in der hintersten Ecke eines verwunschenen Bergtales, einem Tal in das niemand findet und sollte er sich doch einmal hierhin verirren, ward er niemals wieder gesehen.
Sie lebte dort ihre Kreativität aus und liess sich anhimmeln.
An diesem Ort findet Ludwina immer zur Ruhe, zu ihrem inneren Frieden und fühlt sich in sich Zuhause.
Das ging auch dieses Mal sehr gut. Aber nur bis zur letzten Woche.
In der letzten Woche ihres Aufenthaltes war Ludwina etwas nervös. Sie war enttäuscht, wenn "sie" nicht zum Nachtessen kam, hoffte dass "sie" ihre Pausen mit Ludwina verbringen würde...
Und doch: Ludwina ignorierte weiter, was sich heimlich bei ihr eingeschlichen hat.
Am letzten Abend wurde Ludwina mit dem literarischen Pflock mundtot geschlagen und zwar mit ihren eigenen Worten: "Du sagst ja selber, man müsse dich erschlagen, dass du merkst, dass man sich für dich interessiert". Voilà!
Ludwina war also mundtot, was einer eingehenden Analyse bedarf. Sie wusste nichts zu sagen, weil sie nicht erschrak. Sie war ohne Worte, weil sie die Frau neben sich sehr gut mochte und sich darüber nicht einmal wunderte. Sie schwieg, weil sie völlig verwirrt war, dass es sein konnte, dass sie gleichzeitig einen Einheimischen anhimmelte.
Da sich Ludwina versprochen hat, sich selber kennen zu lernen und endlich zu leben, sitzt sie nun im Zug, schaut nervös alle paar Minuten auf die Uhr, um festzustellen, dass es noch immer eine Stunde Fahrt ist, oder eine Minute weniger.
Geschrieben am 8. Juni 2013
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Vom Genuss verehrt zu werden
ludwina, 18:08h
Ach, fühlt denn nicht jeder aufrichtige Mensch, daß er selbst größer wird, wenn er das verehrt, was wirklich über ihm steht?
Verehrt zu werden ist eine Gratwanderung zwischen unangenehmem Berührtsein, ja dem mittelalterlichen Kettenhemd einer unerwünschten Bewunderung, und dem Genuss der unbescheidenen Freude darüber zum Beuteschema deklariert worden zu sein.
So balanciert Ludwina heute auf diesem Grat, hin und hergerissen zwischen Eigenliebe und dem Genervtsein, einmal mehr Zentrum unwillkommener Aufmerksamkeit geworden zu sein.
Abhängig davon wer ihren Weg kreuzt, seine Blicke versucht unauffällig in ihre Richtung lenkt, nimmt die eine oder andere Empfindung überhand.
Die letzten zwei Tage waren einsam. Ihr "Ich" weilte noch auf der anderen Seite eines langen Tunnels und weigerte sich anzukommen.
Nicht zuletzt darum, weil ihm die liebgewonnene Verehrung des letzten Frühherbstes fehlte.
Ludwina machte sich in der Hoffnung auf den Weg, eine Woche als Ganzes verbringen zu können, ausgefüllt von einem "Ich", das die gleiche Grösse hat, wie ihr Körper und in der Vollständigkeit akzeptiert zu sein, am meisten von ihr selber.
Enttäuscht über die mangelnde Beachtung, rasselte sie mit dem Kettenhemd, verärgert darüber, dass in die Jahre gekommene Hirsche unüberhörbar in ihre Richtung röhren - ihr "Ich" demonstrativ trotzend auf der anderen Seite des Tunnels.
Lustlos und von der Tatsache resigniert, dass sich ihr "Ich" wohl diese Woche nicht mehr blicken lässt, schlägt sie Stück für Stück ihres Steines weg, ohne zu erkennen, was tatsächlich weg muss. Ohne ihr "Ich" fällt Ludwina das Arbeiten unheimlich schwer.
In der Abgeschiedenheit der Kaffeeküche (die Teilnehmer sind wohl alle keine Bürogummis) die Erlösung. Ihr "Ich" wird die fehlenden 140km herbei katapultiert und füllt seid dem ihren Körper bis zur letzten Haarwurzel aus.
Es geht nichts über eine Verehrung von jemandem, den man heimlich selber anhimmelt.
Geschrieben am 24.04.2013
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