Montag, 28. Juli 2014
Ludwina und die Handbremse

Illusionen sind gefährlich - sie haben keine Fehler


Da gibt es diese eine Person in Ludwina's Leben, die ihr seit geraumer Zeit ein Bild der perfekten Beziehung malt - unaufhörlich, geduldig und mit einer bewundernswerten Beharrlichkeit. Ludwina hat sich bislang erfolgreich dem gegenüber abgegrenzt, hat die Bilder ignoriert und war glücklich mit ihrem Leben, so wie es war.

Sie hat wohl - während des Bilderignorierens - die Widerhaken vergessen zu entfernen, denn sie wurde gestern von einer Welle der Wehmut überrollt, geriet in den Strudel der Illusionen und der sorgsam gesäten Wünschen der besagten Person. Ganz im Sinne des steten Tropfens, der den Stein höhlt, hoffte, ja wünschte sie sich plötzlich, dass es genau diese Beziehung, die ihr seit Jahren beharrlich ausgemalt wird, tatsächlich für sie gibt.

Soll sie also die Handbremse lösen, der Hoffnung nachgeben, der neuen Bekanntschaft die Chance geben zu beweisen, dass die Möglichkeit eventuell bestünde, oder soll sie sich vor einem gebrochenen Herzen schützen - denn mit dem bereits in Erfahrung gebrachten Wissen hat die "eventuelle Möglichkeit" statistische Unbedeutsamkeit.

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Dienstag, 11. Juni 2013
Ludwina fährt Zug

Das Reisen führt uns zu uns zurück
Albert Camus


Schon diese Tatsache grenzt an ein Wunder, wo doch Ludwina's Liebe ihrem eigenen Auto gilt.

Doch dies ist die Geschichte, wie die Bahngesellschaft die grosse Ehre zuteil wurde Ludwina von der Stadt A in die 300km entfernte Stadt B zu befördern.

Fast den ganzen Mai verbrachte Ludwina in der Heimat ihres Herzens, einer kleinen Ortschaft, in der hintersten Ecke eines verwunschenen Bergtales, einem Tal in das niemand findet und sollte er sich doch einmal hierhin verirren, ward er niemals wieder gesehen.
Sie lebte dort ihre Kreativität aus und liess sich anhimmeln.

An diesem Ort findet Ludwina immer zur Ruhe, zu ihrem inneren Frieden und fühlt sich in sich Zuhause.

Das ging auch dieses Mal sehr gut. Aber nur bis zur letzten Woche.
In der letzten Woche ihres Aufenthaltes war Ludwina etwas nervös. Sie war enttäuscht, wenn "sie" nicht zum Nachtessen kam, hoffte dass "sie" ihre Pausen mit Ludwina verbringen würde...
Und doch: Ludwina ignorierte weiter, was sich heimlich bei ihr eingeschlichen hat.

Am letzten Abend wurde Ludwina mit dem literarischen Pflock mundtot geschlagen und zwar mit ihren eigenen Worten: "Du sagst ja selber, man müsse dich erschlagen, dass du merkst, dass man sich für dich interessiert". Voilà!

Ludwina war also mundtot, was einer eingehenden Analyse bedarf. Sie wusste nichts zu sagen, weil sie nicht erschrak. Sie war ohne Worte, weil sie die Frau neben sich sehr gut mochte und sich darüber nicht einmal wunderte. Sie schwieg, weil sie völlig verwirrt war, dass es sein konnte, dass sie gleichzeitig einen Einheimischen anhimmelte.

Da sich Ludwina versprochen hat, sich selber kennen zu lernen und endlich zu leben, sitzt sie nun im Zug, schaut nervös alle paar Minuten auf die Uhr, um festzustellen, dass es noch immer eine Stunde Fahrt ist, oder eine Minute weniger.


Geschrieben am 8. Juni 2013

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Vom Genuss verehrt zu werden


Ach, fühlt denn nicht jeder aufrichtige Mensch, daß er selbst größer wird, wenn er das verehrt, was wirklich über ihm steht?
Thomas Carlyle (1795 - 1881)


Verehrt zu werden ist eine Gratwanderung zwischen unangenehmem Berührtsein, ja dem mittelalterlichen Kettenhemd einer unerwünschten Bewunderung, und dem Genuss der unbescheidenen Freude darüber zum Beuteschema deklariert worden zu sein.

So balanciert Ludwina heute auf diesem Grat, hin und hergerissen zwischen Eigenliebe und dem Genervtsein, einmal mehr Zentrum unwillkommener Aufmerksamkeit geworden zu sein.

Abhängig davon wer ihren Weg kreuzt, seine Blicke versucht unauffällig in ihre Richtung lenkt, nimmt die eine oder andere Empfindung überhand.

Die letzten zwei Tage waren einsam. Ihr "Ich" weilte noch auf der anderen Seite eines langen Tunnels und weigerte sich anzukommen.
Nicht zuletzt darum, weil ihm die liebgewonnene Verehrung des letzten Frühherbstes fehlte.

Ludwina machte sich in der Hoffnung auf den Weg, eine Woche als Ganzes verbringen zu können, ausgefüllt von einem "Ich", das die gleiche Grösse hat, wie ihr Körper und in der Vollständigkeit akzeptiert zu sein, am meisten von ihr selber.

Enttäuscht über die mangelnde Beachtung, rasselte sie mit dem Kettenhemd, verärgert darüber, dass in die Jahre gekommene Hirsche unüberhörbar in ihre Richtung röhren - ihr "Ich" demonstrativ trotzend auf der anderen Seite des Tunnels.

Lustlos und von der Tatsache resigniert, dass sich ihr "Ich" wohl diese Woche nicht mehr blicken lässt, schlägt sie Stück für Stück ihres Steines weg, ohne zu erkennen, was tatsächlich weg muss. Ohne ihr "Ich" fällt Ludwina das Arbeiten unheimlich schwer.

In der Abgeschiedenheit der Kaffeeküche (die Teilnehmer sind wohl alle keine Bürogummis) die Erlösung. Ihr "Ich" wird die fehlenden 140km herbei katapultiert und füllt seid dem ihren Körper bis zur letzten Haarwurzel aus.

Es geht nichts über eine Verehrung von jemandem, den man heimlich selber anhimmelt.


Geschrieben am 24.04.2013

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Montag, 26. März 2012
Ludwina geht mit der Zeit


Pater ignosce illis, quia nesciunt quid faciunt!

"Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun!"

Lk 23,34 EU


Ludwina ist wieder single. Sie hatte genug von ihm, als er infolge ihres mystischen Gruselns immer wieder psychisch zermürbende Szenen machte. Er hat sich zurück gezogen, alle Treffen abgesagt, an einem Tag schrieb er ihr Liebeserklärungen, ganz modern per SMS, am nächsten Tag machte er ihr Vorwürfe - er ging dabei mit der Zeit und schiss sie (ihr entschuldigt meine Ausdrucksweise) zusammen, per SMS - und am übernächsten Tag wollte er sich wieder Treffen, wobei er dieses Treffen auch wieder absagte.
So liess sich Ludwina vom Zeitgeist unserer Gesellschaft verführen und machte Schluss, per SMS.

Die abgesagten Treffen, hätten jeden halbwegs normalen Menschen auf das gröbste genervt. Aber bei Ludwina ist die Situation doch noch etwas spezieller. Obwohl ihr Klinikaufenthalt doch schon fast ein Jahr her ist, braucht Ludwina zur weiteren psychischen Genesung eine engmaschige Tagesstruktur. Für die Treffen mit ihm, strukturierte sie jeweils ihre Tage mit der Selbstverständlichkeit um, wie es sich in einer jungen Beziehung gehört. Rücksichtslos wie er war, schickte er ihr (ach, wie modern) zehn Minuten vor dem Treffen eine SMS, es werde eine Stunde später und eine Stunde später kam die nächste SMS, es werde nochmals später und wiederum zehn Minuten vor dem Treffen sagte er dann schliesslich ganz ab.

Zwei Wochen nach Ludwina's unreifem Verhalten, per SMS Schluss zu machen, trat er mit ihr erneut in Kontakt. Natürlich - ihr werdet es bereits geahnt haben - per SMS. Ob sie sich aussprechen könnten, sie habe ihn verletzt.
Ludwina hatte zu diesem Zeitpunkt die Geschichte schon lange hinter sich gelassen. Trotzdem war sie bereit sich mit ihm zu treffen, um ihm klar zu machen, was ihrer Meinung nach falsch lief. Daraufhin fing das ganze SMS-Hin-und-her von neuem an. Sie musste entscheiden, wann sie sich treffen sollten, sie musste entscheiden, wo sie sich treffen sollten und weil sie nicht schnell genug war einen Treffpunkt zu nennen, sagte er ihr das Treffen kurzfristig wieder ab, er habe sich bereits in seine Sportklamotten gestürzt und gehe jetzt zum Sport.
So kam es, dass Ludwina und ihre überstrapazierte Gutmütigkeit den renitenten Sportler erst am nächsten Tag zu sehen bekamen. Fünf Minuten vor dem Treffen dann eine weitere SMS von ihm. Er habe ein paar Minuten Verspätung.

Erstens: Ludwina wäre, hätte sie die Idee eines Treffens ausgebrütet, wäre sie diejenige, die noch Interesse an ihm gehabt hätte und hätte sie im Vorfeld den ganzen Mist gebaut, am ersten Tag schneller aus der Sportkleidung gewesen und vor seiner Türe gestanden, als man Amen buchstabieren kann. Zweitens: Ludwina wäre, hätte sie die Idee eines Treffens ausgebrütet, wäre sie diejenige, die noch Interesse an ihm gehabt hätte und hätte sie im Vorfeld den ganzen Mist gebaut, am zweiten Tag zehn Minuten zu früh am vereinbarten Treffpunkt gewesen.

Fazit dieses Treffens: Er glaubt ihr nicht, dass sie kein Interesse mehr an ihm hat. Was Ludwina die linke Augenbraue hoch ziehen lässt, da er ihr während der Beziehung auch nicht glaubte, dass sie Interesse gehabt hatte.

Ludwina ist wieder single, aber so was von!

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